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Geerbter Pflichtteilsanspruch unterliegt der Erbschaftsteuer auch ohne Geltendmachung

Geerbter Pflichtteilsanspruch unterliegt der Erbschaftsteuer auch ohne Geltendmachung

Teasergrafik zum Beitrag im Blog für Erbrecht, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht

In seinem jüngsten Urteil zum Pflichtteilsrecht hat der BFH entschieden, dass ein Pflichtteilsanspruch, der Teil einer Erbmasse wird, sofort der Besteuerung mit Erbschaftsteuer unterliegt, auch wenn der Anspruch nicht oder erst später geltend gemacht wird.

Recht auf Pflichtteil

Abkömmlinge, aber auch Eltern und Ehegatten sind im Erbrecht besonders geschützt. Werden sie durch eine letztwillige Verfügung (Testament) von der Erbfolge ausgeschlossen, steht ihnen unter Umständen das Recht zu, ihren Pflichtteil geltend zu machen. Wie das geht, lesen Sie auf unseren Seiten zum Erbrecht.

Steuerlich betrachtet, gilt der Pflichtteil als Erwerb vom Erblasser. Voraussetzung für die Entstehung einer Steuer ist jedoch, dass der Pflichtteil auch tatsächlich geltend gemacht wird. Erst in diesem Moment kann eine Steuer entstehen. Das heißt auch, dass gar keine Steuer entsteht, wenn der Pflichtteil nicht geltend gemacht wird.

Pflichtteilsanspruch ist vererblich

Was ist aber, wenn der Pflichtteilsberechtigte verstirbt, bevor er den Pflichtteil geltend machen konnte oder wollte?

Zivilrechtlich ist die Sache klar. Der Pflichtteilsanspruch geht auf den Erben über. Das bedeutet, dass nun er anstatt der Erblasser den Pflichtteil gegenüber dem ursprünglich Verpflichteten geltend machen kann.

Pflichtteilsanspruch unterliegt der Erbschaftsteuer

Wie verhält es sich jetzt aber mit der Erbschaftsteuer?

Hierzu hatte der BFH jüngst einen Fall zu entscheiden. In dem Urteil vom 7. Dezember 2016, Az. II R 21/14, ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Kläger war Alleinerbe seines im September 2008 verstorbenen Vaters. Dem Vater stand wegen einer Erbausschlagung ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 400.000 € zu, den er aber gegenüber dem Verpflichteten nicht geltend gemacht hatte. Dieser Anspruch ging nun auf den Kläger über.

Das Finanzamt war dabei der Auffassung, dass die Erbschaftsteuer unabhängig von der Geltendmachung des Pflichtteils durch den Kläger bereits mit dem Tod des Vaters entsteht. Der Kläger war hingegen der Auffassung, dass auch für ihn eine Steuer erst entstehen könne, wenn er selbst den Pflichtteil geltend mache.

Leider folgte der BFH der Auffassung des Finanzamtes und begründete dies wie folgt:

Das Vermögen des Erblassers geht im Zeitpunkt seines Todes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den Erben über. Bezeichnet wird dieser Vorgang als Erwerb durch Erbanfall.

Gegenstand des Erwerbs sind auch alle Forderungen des Erblassers unabhängig davon, ob sie geltend gemacht werden oder nicht.

Für den originär Pflichtteilsberechtigten, der seinen Pflichtteilsanspruch durch Enterbung erwirbt, sieht das Gesetz die Entstehung der Steuer ausdrücklich erst im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs vor. Grund für das zeitliche Hinausschieben erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist nach Ansicht des BFH der Schutz des Berechtigten. Es soll ausgeschlossen werden, dass bei ihm Erbschaftsteuer entsteht, auch wenn er den Anspruch gar nicht geltend macht. Der BFH ist der Meinung, dass „damit die Entschließungsfreiheit des Pflichtteilsberechtigten respektiert wird und zugleich der Tatsache Rechnung getragen wird, dass der Pflichtteil nicht –anders als die Erbschaft (§ 1942 Abs. 1 BGB) oder ein Vermächtnis (§ 2180 Abs. 1 BGB) ausgeschlagen, der Rechtsanfall also nicht rückwirkend beseitigt werden kann.“

Ein gleichartiges Schutzbedürfnis für den Erben eines Pflichtteilsanspruches erkennt der BFH jedoch nicht. Nach seiner Auffassung liegt die Rechtfertigung für das zeitliche Hinausschieben der Besteuerung eines originär erworbenen Pflichtteilsanspruchs in der für den Pflichtteilsanspruch notwendigen familiären Verbundenheit zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten. Dieses persönliche Näheverhältnis bestehe jedoch für den Erben nicht mehr in ausreichendem Maße, dass ein Hinausschieben der Steuerfolgen gerechtfertigt wäre.

Fazit

Wer einen Pflichtteilsanspruch erbt, muss diesen sofort versteuern, auch wenn er ihn nicht oder erst später geltend macht. Um der Besteuerung zu entgehen, besteht zunächst nur die Möglichkeit, das Erbe insgesamt auszuschlagen.

Handlungsempfehlung

Manchmal kann es im Interesse aller Beteiligten sein, einen Pflichtteil nicht geltend zu machen. Für den originären Pflichtteilsberechtigten entstehen dadurch keine Steuerfolgen. Bis zur Verjährung des Pflichtteilsanspruches besteht aber die Gefahr, dass der Anspruch in eine Erbmasse gerät und dort Steuern auslöst. Wie kann man sich dagegen wehren?

Wenn klar ist, dass ein Pflichtteil nicht geltend gemacht werden soll, kann der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem verpflichteten Erben formlos den Erlass erklären. Dabei beraten wir Sie gern.

Über den Autor

Matthias E. Grimme Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V)

Matthias E. Grimme Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V)

Rechtsanwalt, Steuerberater

  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)

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