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Durchstreichungen im Testament begründen die Vermutung der Widerrufsabsicht des Erblassers

Durchstreichungen im Testament begründen Vermutung der Widerrufsabsicht

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Durchstreichungen im Testament begründen die Vermutung der Widerrufsabsicht des Erblassers

Das OLG München hat in seinem Beschluss vom 13. Oktober 2023 (Az.: 33 Wx 73/23 e) entschieden, dass sofern ein privatschriftliches Testament in der Wohnung des Erblassers gefunden wird und ausgeschlossen werden kann, dass Dritte ungehinderten Zugriff darauf hatten, davon auszugehen ist, dass Veränderungen an der Urkunde vom Erblasser selbst vorgenommen wurden.
Sofern keine weiteren Umstände hinzukommen, kann davon ausgegangen werden, dass großflächige Durchstreichungen, die sich über die gesamte Urkunde erstrecken, in Widerrufsabsicht angebracht worden sind.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die geschiedene und kinderlose Erblasserin hinterließ ein handschriftliches Testament, in welchem sie ihren Lebensgefährten als Alleinerben einsetzte. Ihre zwei Brüder enterbte sie. Über die drei Seiten des Testamentes waren mehrere Durchstreichungen zu finden, die den gesamten Text umfassten. Daneben wurde ein undatiertes und nicht unterschriebenes maschinenschriftliches Testament gefunden, mit im Wesentlichen gleichem Inhalt wie das handschriftliche Testament.

Der Lebensgefährte beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht kündigte die Erteilung des entsprechenden Erbscheins an und begründete dies damit, dass durch die Durchstreichungen das Testament nicht widerrufen worden sei. Es würden Zweifel verbleiben, ob die Durchstreichungen von der Erblasserin vorgenommen worden seien.

Die Brüder der Erblasserin legten Beschwerde ein. Dieser half das Nachlassgericht nicht ab und legte die Akten dem OLG München zur Entscheidung vor. Der Zivilsenat des OLG München hob den Beschluss auf und gab das Verfahren zur erneuten Durchführung an das Nachlassgericht zurück. Das Nachlassgericht half dem erneut nicht ab und legte die Akten wieder dem OLG München vor.

Der Senat teilte die Ansicht des Nachlassgerichts, es lasse sich kein Widerrufswille der Erblasserin feststellen, nicht. Er geht davon aus, dass die Erblasserin das Testament in Widerrufsabsicht vernichtet hat.

Zwischen den Beteiligten war allein streitig, ob das Testament von der Erblasserin in Widerrufsabsicht durchstrichen wurde, oder ob die Durchstreichungen von einer dritten Person, oder aber von der Erblasserin, aber nicht in Widerrufsabsicht, erfolgt sind. Die Feststellungslast für die Wirksamkeit eines Testaments obliegt demjenigen, der Rechte aus diesem herleiten will. Die Feststellungslast für eine Widerrufshandlung des Erblassers in Widerrufsabsicht obliegt demjenigen, der sich darauf beruft. Das Testament befand im Besitz der Erblasserin bis zu ihrem Tod. Der Senat kam nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass sich praktisch ausschließen lasse, dass Dritte Zugriff auf das Testament hatten. Ebenso sei auszuschließen, dass nach dem Tod Dritte Veränderungen an dem Testament vorgenommen hatten. Der Lebensgefährte, der das Testament fand, hatte kein Interesse an der Vernichtung des Testaments. Die Brüder hatten lediglich nach der Beerdigung Zutritt zu der Wohnung, um nach alten Familienfotos zugucken. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die Erblasserin die Streichungen vorgenommen hatte. Gemäß § 2255 S. 2 BGB gilt die Vermutung, dass die Erblasserin die Streichungen in Widerrufsabsicht vorgenommen hatte. Für die Annahme, die Erblasserin habe die Absicht gehabt, das durchgestrichene Testament fortgelten zu lassen, bis sie eine neue Verfügung errichtet hatte, gab es keine Anhaltspunkte.

Der Erbscheinsantrag des Lebensgefährten war damit zurückzuweisen.

Um derartige meist sehr langjährige Streitigkeiten für die Angehörige zu verhindern, ist es ratsam, sich bei allem rund um die Testamentserstellung oder den Widerruf von Testamenten beraten zu lassen.

 

Sind Sie selbst pflichtteilsberechtigt? Sind Sie Erbe und es werden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht? Haben Sie Zweifel an der Wirksamkeit eines Testaments? Wir beraten Sie gern zu sämtlichen erbrechtlich relevanten Fragen und Problemen. Vereinbaren Sie einen Termin. Wir sind per E-Mail unter willkommen@gwgl-hamburg.de oder telefonisch unter 040/300 39 86-0 für Sie da und freuen uns von Ihnen zu hören oder zu lesen.

Über die Autorin

Kristin Winkler Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht

Kristin Winkler Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht, LL.M.

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