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"Wofür hafte ich als Ge­schäfts­füh­rer? Ein Über­blick."

Wofür hafte ich als Ge­schäfts­füh­rer? Ein Über­blick

Versprechen von GmbH-Anteilen

Ge­schäfts­füh­rer sein – das ist eine ge­sell­schaft­lich an­ge­se­he­ne und be­gehr­te Stel­lung. Doch ein Preis dafür sind zahl­rei­che Pflich­ten, die bei man­geln­der Kennt­nis oder Er­fül­lung ge­fähr­lich wer­den könn­ten, vor allem in Kri­sen und im Kon­flikt­fall, wo in­for­mel­le Ab­spra­chen plötz­lich nichts mehr zäh­len. Hier er­fah­ren Sie, wel­che Ge­fah­ren im Haf­tungs­dschun­gel dro­hen und wie Sie sie er­folg­reich ab­wen­den.

Wen trifft die Haf­tung?

Zu­nächst haf­ten die or­gan­schaft­lich, also durch Ge­sell­schaf­ter­be­schluss be­stell­ten Ge­schäfts­füh­rer. Da­ne­ben haf­ten aber auch die so­ge­nann­ten fak­ti­schen Ge­schäfts­füh­rer. Als fak­ti­scher Ge­schäfts­füh­rer gilt, wer mit Wis­sen der Ge­sell­schaft tat­säch­lich Auf­ga­ben eines Ge­schäfts­füh­rers wahr­nimmt, ohne als sol­cher be­stellt wor­den zu sein. Auch die­ser soll­te daher über be­ste­hen­de Pflich­ten um­fas­send in­for­miert sein.

Sind meh­re­re Ge­schäfts­füh­rer be­stellt, haf­tet nicht nur der Ge­schäfts­füh­rer, der für die Pflicht ver­ant­wort­lich war. Es haf­ten alle Ge­schäfts­füh­rer ge­mein­schaft­lich. Die Auf­tei­lung der Ge­schäfts­füh­rung auf be­stimm­te Res­sorts führt also nicht dazu, dass sich ein Ge­schäfts­füh­rer der Haf­tung für Pflicht­ver­let­zun­gen aus an­de­ren Res­sorts ent­zie­hen kann.

Um­fang der Haf­tung

Im Falle einer Pflicht­ver­let­zung haf­tet der Ge­schäfts­füh­rer un­be­schränkt mit sei­nem ge­sam­ten Pri­vat­ver­mö­gen.

Die Haf­tung kann Drit­ten ge­gen­über nicht ein­sei­tig be­schränkt oder gar aus­ge­schlos­sen wer­den. Eine sol­che Be­schrän­kung ist al­lein im In­nen­ver­hält­nis zur Ge­sell­schaft und nur für be­stimm­te Pflich­ten mög­lich.

Schlimms­ten­falls ris­kiert der Ge­schäfts­füh­rer bei Ver­let­zung einer Pflicht also eine pri­va­te In­sol­venz.

Haf­tung be­reits für leich­te Fahr­läs­sig­keit

Er­schwe­rend kommt hinzu, dass der Ge­schäfts­füh­rer, der seine Pflich­ten ver­letzt, nicht nur für Vor­satz und grobe Fahr­läs­sig­keit, son­dern be­reits für jede leich­te Fahr­läs­sig­keit ein­zu­ste­hen hat.

Ge­fähr­li­che Be­weis­last­um­kehr

Wird ge­gen­über dem Ge­schäfts­füh­rer ein Haf­tungs­an­spruch gel­tend ge­macht, trifft ihn eine ge­fähr­li­che Be­weis­last­um­kehr. Das heißt, der Ge­schäfts­füh­rer muss dar­le­gen und be­wei­sen, dass sein Ver­hal­ten ge­ra­de nicht pflicht­wid­rig ge­we­sen ist.

Zwar hat der Ge­schäfts­füh­rer bei vie­len un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen einen wei­ten Er­mes­sens­spiel­raum – das ist das so­ge­nann­te Busi­ness Jud­ge­ment Rule aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ana­log. Dazu muss er al­ler­dings dar­le­gen, dass seine un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung vor­be­rei­tet war und aus­schließ­lich im In­ter­es­se des Un­ter­neh­mens ge­trof­fen wurde. Dies setzt vor­aus, dass der Ge­schäfts­füh­rer die Grund­la­gen sei­ner Ent­schei­dun­gen lau­fend und nach­voll­zieh­bar do­ku­men­tiert.

Zudem muss der Ge­schäfts­füh­rer be­wei­sen, dass ihn kein Ver­schul­den trifft, also, dass der Scha­den auch bei recht­mä­ßi­gem Al­ter­na­tiv­ver­hal­ten in glei­cher Weise ein­ge­tre­ten wäre.

Um die stren­gen Be­weis­an­for­de­run­gen in­ner­halb eines Pro­zes­ses er­brin­gen zu kön­nen, ist es er­for­der­lich, dass Sie die Be­ach­tung Ihrer Pflich­ten und Ihre un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen re­gel­mä­ßig und de­tail­liert do­ku­men­tie­ren.

Lange Ver­jäh­rungs­fris­ten bei Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen

Viele Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen, die aus einer Ver­let­zung von Ge­schäfts­füh­rer­pflich­ten her­aus ent­ste­hen, un­ter­lie­gen nicht der re­gel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rungs­pflicht des § 195 BGB von drei Jah­ren, son­dern einer län­ge­ren
Ver­jäh­rung.

So ver­jäh­ren z.B. An­sprü­che auf­grund einer Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung des Ge­schäfts­füh­rers erst nach fünf Jah­ren, gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG. Das Haf­tungs­ri­si­ko be­steht daher auch für län­ger zu­rück­lie­gen­de Sach­ver­hal­te.

Wer kann Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gel­tend ma­chen?

Scha­dens­er­satz­an­sprü­che kön­nen je nach Art der Pflicht­ver­let­zung von der Ge­sell­schaft, den Ge­sell­schaf­tern oder von Drit­ten ge­gen­über dem Ge­schäfts­füh­rer gel­tend ge­macht wer­den.

Der Ge­schäfts­füh­rer, der seine Pflich­ten ver­letzt, un­ter­liegt also nicht nur einer In­nen­haf­tung, son­dern – unter be­son­de­ren Um­stän­den – auch einer Au­ßen­haf­tung!

Scha­dens­er­satz­for­de­rung durch die Ge­sell­schaft

Die gute Nach­richt ist, dass eine Ver­let­zung der meis­ten Pflich­ten zu einer In­nen­haf­tung führt, bei der der Ge­schäfts­füh­rer also ge­gen­über der Ge­sell­schaft haf­tet und nicht ge­gen­über Drit­ten.

Vor allem die Haf­tung des Ge­schäfts­füh­rers aus der zen­tra­len Pflich­ten­norm des § 43 Abs. 2 GmbHG ist ein Bei­spiel für ein sol­che In­nen­haf­tung. Der Ge­schäfts­füh­rer, der eine hier­nach be­ste­hen­de Pflicht fahr­läs­sig oder gar vor­sätz­lich ver­letzt, ist im Ver­hält­nis zur Ge­sell­schaft ver­pflich­tet, den Scha­den aus­zu­glei­chen.

Die Gel­tend­ma­chung eines sol­chen An­spruchs durch die Ge­sell­schaft er­for­dert dabei grund­sätz­lich einen Ge­sell­schaf­ter­be­schluss (§ 46 Nr. 8 GmbHG).

Doch auch dann kann Un­ge­mach dro­hen: Ein­zel­ne Ge­sell­schaf­ter kön­nen den Scha­dens­er­satz­an­spruch auch nach dem per­so­nen­ge­sell­schafts­recht­li­chen Vor­bild der actio pro socio für die Ge­sell­schaft gel­tend ma­chen, so­weit die Mehr­heits-Ge­sell­schaf­ter es treu­wid­rig ab­leh­nen, die For­de­rung gegen den Ge­schäfts­füh­rer durch­zu­set­zen.

Ein Ge­sell­schaf­ter­be­schluss ist je­doch nicht er­for­der­lich, wenn sich die Ge­sell­schaft in der In­sol­venz be­fin­det und der An­spruch vom In­sol­venz­ver­wal­ter gel­tend ge­macht wird (BGH, Urt. V. 14.07.2004 – VIII ZR 224/02). Die For­de­rung wird dann un­mit­tel­bar und ohne wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen durch­ge­setzt. Die Ge­sell­schaf­ter kön­nen dann
vor allem nicht mehr auf eine In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers ver­zich­ten (Siehe unten Zif­fer 9).

Ein Zu­sam­men­wir­ken zwi­schen Ge­schäfts­füh­rer und der Ge­sell­schaf­ter­mehr­heit, die mit die­sem sym­pa­thi­sie­ren und daher von einer Gel­tend­ma­chung Ab­stand neh­men, kann die In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers daher nicht mit Si­cher­heit ver­hin­dern. (Siehe auch wei­ter unten)

Scha­dens­er­satz­for­de­rung durch Ge­sell­schaf­ter

In ei­ni­gen Kon­stel­la­tio­nen haf­tet der Ge­schäfts­füh­rer un­mit­tel­bar ge­gen­über den Ge­sell­schaf­tern. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn zwi­schen dem Ge­schäfts­füh­rer und einem Ge­sell­schaf­ter ein be­son­de­res Rechts­ver­hält­nis be­steht, oder ein Ge­sell­schaf­ter einen Scha­den gel­tend macht, der nicht zu­gleich auch ein Scha­den der Ge­sell­schaft ist.

Ein gro­ßes Haf­tungs­ri­si­ko kann den Ge­schäfts­füh­rern beim Ein­tritt von In­ves­to­ren oder im Rah­men der Ver­äu­ße­rung des Un­ter­neh­mens dro­hen. Näm­lich dann, wenn die Ge­sell­schaf­ter ge­gen­über dem neuen In­ves­tor oder Käu­fer be­stimm­te Ga­ran­ti­en für den ope­ra­ti­ven Ge­schäfts­be­trieb ab­ge­ben müs­sen. Häu­fig ar­gu­men­tie­ren
ins­be­son­de­re Alt­in­ves­to­ren, dass sie als bloße Geld­ge­ber kei­nen um­fang­rei­chen Ein­blick in den ope­ra­ti­ven Ge­schäfts­be­trieb haben und ver­lan­gen dann, dass die Ge­schäfts­füh­rer ge­gen­über dem Ge­sell­schaf­tern die glei­chen Ga­ran­ti­en ab­ge­ben.

Scha­dens­er­satz­for­de­rung durch Drit­te

Schließ­lich gibt es ei­ni­ge Kon­stel­la­tio­nen, in denen der Ge­schäfts­füh­rer auch Drit­ten – bei­spiels­wei­se den Gläu­bi­gern der Ge­sell­schaft – für Schä­den ein­zu­ste­hen hat.

Recht­schein­haf­tung (Haf­tung für fal­schen An­schein)

Wich­tigs­tes Bei­spiel für eine sol­che Ein­stands­pflicht ist vor allem die Rechts­schein­haf­tung, bei wel­cher der­je­ni­ge haf­ten muss, der einen fal­schen Rechts­schein ge­setzt hat.

So haf­tet der Ge­schäfts­füh­rer für fal­sche An­ga­ben auf Ge­schäfts­brie­fen. Dies be­trifft vor allem die Si­tua­ti­on, in der der Ge­schäfts­füh­rer ent­ge­gen §§ 35a, 4 GmbHG Ge­schäfts­brie­fe ver­wen­det und nicht auf die be­schränk­te Haf­tung der GmbH hin­weist, bei denen also der Rechts­form­zu­satz fehlt.

Der Ge­schäfts­füh­rer haf­tet dann ent­spre­chend § 179 BGB un­mit­tel­bar den Gläu­bi­gern ge­gen­über, da er den Ein­druck er­weckt hat, dass zu­min­dest eine na­tür­li­che Per­son un­be­schränkt für die Schul­den des Un­ter­neh­mens haf­tet (BGH, Urt. v. 03.02.1974 – II ZR 128/73).

Haf­tung aus culpa in con­tra­hen­do (c.i.c.)

Dar­über hin­aus ist eine Ein­stands­pflicht des Ge­schäfts­füh­rers Drit­ten ge­gen­über auch dann mög­lich, wenn der Ge­schäfts­füh­rer bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen ein be­son­de­res Ver­trau­en in An­spruch ge­nom­men hat, durch wel­ches der spä­te­re Ver­trags­schluss er­heb­lich be­ein­flusst wurde (§ 311 Abs. 2 S. 2 BGB).

Dies ist be­reits dann der Fall, wenn der Ge­schäfts­füh­rer eine über das nor­ma­le Ver­hand­lungs­ver­trau­en hin­aus­ge­hen­de, von ihm per­sön­lich aus­ge­hen­de Ge­währ für die Ver­bind­lich­kei­ten und die Er­fül­lung des Ge­schäfts oder die Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit sei­ner Er­klä­run­gen bie­tet, die für den Wil­lens­ent­schluss des an­de­ren
Teils be­deut­sam ist (BGH, Urt. v. 13.06.2002 – VII ZR 30/01).

Haf­tung aus De­likt

Der Ge­schäfts­füh­rer un­ter­liegt wie jeder an­de­re auch der de­lik­ti­schen Haf­tung un­mit­tel­bar ge­gen­über Drit­ten, wenn er vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig das Leben, den Kör­per, die Ge­sund­heit, die Frei­heit, das Ei­gen­tum oder ein sons­ti­ges Recht des Drit­ten wi­der­recht­lich ver­letzt (§ 823 Abs. 1 BGB).

Eine un­mit­tel­ba­re Haf­tung des Ge­schäfts­füh­rers aus De­likt kommt aber vor allem dann in Be­tracht, wenn er ein Schutz­ge­setz zu­guns­ten eines Drit­ten ver­letzt (823 Abs. 2 BGB). Schutz­ge­set­ze sind vor allem straf­be­währ­te Nor­men. Für den Ge­schäfts­füh­rer von her­aus­ra­gen­der Be­deu­tung ist hier die Ver­let­zung der In­sol­venz­an­trags­pflicht gemäß, die gemäß § 15a Abs. 4 InsO zu einer Straf­bar­keit führt.

Schließ­lich kann der Ge­schäfts­füh­rer in Aus­nah­me­fäl­len auch di­rekt in An­spruch ge­nom­men wer­den, wenn der Drit­te durch Hand­lun­gen von Mit­ar­bei­tern der Ge­sell­schaft ge­schä­digt wurde. Vor­aus­set­zung für eine Ei­gen­haf­tung des Ge­schäfts­füh­rers ist aber, dass er in vor­werf­ba­rer Weise die ihm ob­lie­gen­den Or­ga­ni­sa­ti­ons- und Kon­troll­pflich­ten ver­letzt hat und diese Pflich­ten eine Art Ga­ran­ten­stel­lung zum Schutz des Drit­ten vor Ge­fähr­dung oder Ver­let­zung sei­ner Schutz­gü­ter dar­stell­ten.

Der BGH hat eine sol­che Ei­gen­haf­tung für den Fall an­ge­nom­men, in dem ein Ge­schäfts­füh­rer den mit einem Lie­fe­ran­ten ver­ein­bar­ten ver­län­ger­ten Ei­gen­tums­vor­be­halt bei der Wei­ter­ver­äu­ße­rung durch die Ak­zep­tie­rung eines
Ab­tre­tungs­ver­bots ins Leere lau­fen ließ (BGH, Urt. v. 05.12.1989 – VI ZR 335/88).

Wann wird die Haf­tung ty­pi­scher­wei­se gel­tend ge­macht?

Wenn Ge­schäfts­füh­rer­pflich­ten ver­letzt wer­den, be­deu­tet das nicht zwangs­läu­fig auch eine In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers. Da die Gel­tend­ma­chung von Haf­tungs­an­sprü­chen durch die Ge­sell­schaft grund­sätz­lich einen
Ge­sell­schaf­ter­be­schluss er­for­dert und die Ge­sell­schaft häu­fig kein In­ter­es­se an einer In­an­spruch­nah­me des für die Ge­sell­schaft wert­vol­len Ge­schäfts­füh­rers hat, wird auf eine In­an­spruch­nah­me oft ver­zich­tet.

Zum einen aber kann ein Ver­zicht un­wirk­sam sein (siehe wei­ter unten) – zum an­de­ren kann der Ge­schäfts­füh­rer auch leicht die Gunst der Ge­sell­schaf­ter ver­lie­ren.

Fol­gen­de Sze­na­ri­en einer In­an­spruch­nah­me sind ty­pisch:

Haf­tung in der Krise bzw. In­sol­venz der Ge­sell­schaft

Zu einer In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers wird es re­gel­mä­ßig dann kom­men, wenn über das Ver­mö­gen der Ge­sell­schaft das In­sol­venz­ver­fah­ren er­öff­net wird.

Hat der Ge­schäfts­füh­rer seine Pflich­ten ver­letzt, und be­steht daher ein An­spruch der Ge­sell­schaft auf Scha­dens­er­satz, wird die­ser An­spruch – wenn nicht be­reits durch die Ge­sell­schaft selbst – dann aber in jedem Fall von dem In­sol­venz­ver­wal­ter gel­tend ge­macht und durch­ge­setzt. Denn der In­sol­venz­ver­wal­ter ist ge­hal­ten, durch
einen aus­sichts­rei­chen Ge­schäfts­füh­rer­haf­tungs­pro­zess die In­sol­venz­mas­se zu ver­grö­ßern.

Doch haf­tet der Ge­schäfts­füh­rer nicht nur für in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­de Pflicht­ver­let­zun­gen, son­dern auch für sol­che, die un­mit­tel­bar mit der In­sol­venz des Un­ter­neh­mens zu­sam­men­hän­gen. So kann ins­be­son­de­re die In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers aus § 64 GmbHG dro­hen, wenn die­ser bei­spiels­wei­se Zah­lun­gen
ge­tä­tigt hat, ob­wohl die Ge­sell­schaft be­reits über­schul­det oder zah­lungs­un­fä­hig war. Glei­ches gilt für Zah­lun­gen des Ge­schäfts­füh­rers an Ge­sell­schaf­ter, die zur Zah­lungs­un­fä­hig­keit füh­ren muss­ten.

Zer­würf­nis mit den Ge­sell­schaf­ter

Das Ri­si­ko einer In­an­spruch­nah­me des Ge­schäfts­füh­rers durch die Ge­sell­schaft steigt auch dann, wenn es zwi­schen dem Ge­schäfts­füh­rer und der Ge­sell­schaf­ter­mehr­heit zu sach­li­chen oder per­sön­li­chen Dif­fe­ren­zen kommt. Um den
miss­lie­bi­gen Ge­schäfts­füh­rer los­zu­wer­den, wird häu­fig nach einer Pflicht­ver­let­zung ge­sucht.

Neue Ge­sell­schafts­struk­tu­ren durch Ein­tritt von In­ves­to­ren

Das Wohl­wol­len der Ge­sell­schaf­ter kann sich auch dann ver­än­dern, wenn sich der Ge­sell­schaf­ter­be­stand ver­än­dert, zum Bei­spiel, wenn neue In­ves­to­ren im Zuge einer Be­tei­li­gung als Ge­sell­schaf­ter bei­tre­ten. So kann etwa eine Due Di­li­gence zu­rück­lie­gen­de Pflicht­ver­let­zun­gen auf­de­cken, die auf­grund der ver­än­der­ten Mehr­heits­ver­hält­nis­se auch durch­ge­setzt wer­den.

Kann auf Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ver­zich­tet wer­den?

Ein Ver­zicht auf die Gel­tend­ma­chung eines An­spruchs ist grund­sätz­lich mög­lich, da die Ge­schäfts­füh­rer­haf­tung – ab­ge­se­hen von wich­ti­gen Aus­nah­men – zur Dis­po­si­ti­on der Ge­sell­schaf­ter steht (BGH, Urt. v. 16.09.2002 – II ZR 107/01).

Der Ver­zicht be­trifft dabei nur sol­che An­sprü­che, die im In­nen­ver­hält­nis zwi­schen Ge­sell­schaft und Ge­schäfts­füh­rer be­ste­hen und deren Gel­tend­ma­chung von einem Ge­sell­schaf­ter­be­schluss ab­hängt.

Häu­fig kommt es im Rah­men einer Ent­las­tung des Ge­schäfts­füh­rers nach § 46 Nr. 5 Alt. 2 GmbHG zu einem Ver­zicht. In die­sem Fall kann die Ge­sell­schaft den An­spruch auf Scha­dens­er­satz in­so­weit nicht mehr gel­tend ma­chen, als die zu­grun­de lie­gen­den Vor­fäl­le im Zeit­punkt der Be­schluss­fas­sung bei sorg­fäl­ti­ger Prü­fung er­kenn­bar
waren.

Al­ler­dings sind der Mög­lich­keit, auf einen Scha­dens­er­satz­an­spruch ver­zich­ten zu kön­nen oder den Ge­schäfts­füh­rer zu ent­las­ten, wich­ti­ge und pra­xis­re­le­van­te­Gren­zen ge­setzt.

Ins­be­son­de­re kön­nen die Ge­sell­schaf­ter auf einen be­ste­hen­den An­spruch nicht ver­zich­ten, kann der Ge­schäfts­füh­rer also nicht ent­las­tet wer­den, wenn die­ser durch sein Fehl­ver­hal­ten gegen eine zwin­gend zu be­ach­ten­de Be­stim­mung des Gläu­bi­ger­schut­zes ver­sto­ßen hat und die Haf­tung zur Gläu­bi­ger­be­frie­di­gung er­for­der­lich ist.

Gläu­bi­ger­schüt­zend sind bei­spiels­wei­se die Vor­schrif­ten zur Ka­pi­tal­auf­brin­gung und -er­hal­tung (§§ 30, 31 GmbHG). Ver­an­lasst der Ge­schäfts­füh­rer zum Bei­spiel Zah­lun­gen an die Ge­sell­schaf­ter unter Ver­stoß gegen § 30 GmbHG, kön­nen die Ge­sell­schaf­ter nicht auf den da­durch ent­ste­hen­den Er­stat­tungs­an­spruch ver­zich­ten.

Geht im Falle der In­sol­venz die Ent­schei­dung über die Gel­tend­ma­chung von Scha­den­er­satz­an­sprü­chen ge­gen­über dem Ge­schäfts­füh­rer auf den In­sol­venz­ver­wal­ter über, wird die­ser zu einem Haf­tungs­ver­zicht in der Regel nicht
be­reit sein. Der In­sol­venz­ver­wal­ter kann sogar unter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen einen zuvor von der Ge­sell­schaft (durch einen Ge­sell­schaf­ter­be­schluss) er­klär­ten Haf­tungs­ver­zicht rück­wir­kend an­fech­ten.

Kein um­fas­sen­der Schutz durch eine D&O Ver­si­che­rung

Häu­fig wäh­nen sich Ge­schäfts­füh­rer in Si­cher­heit, wenn für sie eine D&O Ver­si­che­rung ab­ge­schlos­sen wurde. Doch Vor­sicht! Eine Di­rec­tos and Of­fi­cers – Ver­si­che­rung bie­tet kei­nen all­um­fas­sen­den Schutz.

Zwar wer­den durch eine D&O Ver­si­che­rung grund­sätz­lich alle Ver­mö­gens­schä­den so­wohl im In­nen- als auch im Au­ßen­ver­hält­nis er­setzt, die auf eine Pflicht­ver­let­zung des Ge­schäfts­füh­rers zu­rück­zu­füh­ren sind. Je­doch be­ste­hen von die­sem Grund­satz zahl­rei­che Aus­nah­men.

Bei­spiels­wei­se greift der Ver­si­che­rungs­schutz nicht bei vor­sätz­li­chen oder wis­sent­li­chen Pflicht­ver­let­zun­gen ein.

Wei­ter­hin füh­ren ei­ni­ge An­bie­ter di­ver­se Aus­schluss­tat­be­stän­de in ihre Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen ein, bei deren Vor­lie­gen der Ver­si­che­rungs­schutz be­grenzt oder sogar auf­ge­ho­ben wird.

Vor allem Ei­gen­schä­den wer­den nur be­grenzt über­nom­men. Ei­gen­schä­den sind dabei An­sprü­che, die die Ge­sell­schaft gegen den Ge­schäfts­füh­rer hat, der selbst an der Ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. In einem sol­chen Fall wird der Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäfts­füh­rer eine quo­ta­le Ei­gen­be­tei­li­gung über­neh­men müs­sen.

Auch Scha­dens­er­satz­an­sprü­che, die auf einem steu­er­li­chen Sach­ver­halt be­ru­hen, und Per­so­nen­schä­den wer­den in aller Regel nicht von der Ver­si­che­rung über­nom­men.

Be­son­ders häu­fig wird auch ein so­ge­nann­ter Dienst­leis­tungs­aus­schluss zur Be­din­gung ge­stellt. Die­ser führt dazu, dass Ver­mö­gens­schä­den, die im Rah­men der ope­ra­ti­ven Tä­tig­keit des Ge­schäfts­füh­rers ver­ur­sacht wer­den, nicht von der Ver­si­che­rung ge­deckt sind.

Auch die De­ckungs­sum­me wird re­gel­mä­ßig durch eine Scha­dens­ober­gren­ze be­schränkt sein. In­so­weit greift die Ver­si­che­rung nur bis zur De­ckungs­gren­ze ein. Kommt es häu­fig zu Scha­dens­fäl­len oder sind Ein­zel­for­de­run­gen be­son­ders hoch, kann die Scha­dens­ober­gren­ze schnell er­reicht sein. Auf diese Weise ent­steht eine Lücke im Ver­si­che­rungs­schutz.

Vor allem ist der Ver­si­che­rungs­zeit­raum häu­fig eng be­grenzt. Zwar sind Schä­den ver­si­chert, die in­ner­halb des Ver­si­che­rungs­zeit­raums gel­tend ge­macht wer­den. Al­ler­dings wird re­gel­mä­ßig ein Zeit­raum ver­ein­bart, in­ner­halb des­sen die Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gel­tend ge­macht wer­den müs­sen – die so­ge­nann­te Nach­ver­ein­ba­rung. Wird diese Aus­schluss­frist ver­säumt, ver­lie­ren Sie Ihren Ver­si­che­rungs­schutz.

Schlie­ßich kann die Ver­si­che­rung unter Um­stän­den die Zah­lung ver­wei­gern, wenn ver­trag­lich vor­ge­se­he­ne An­zei­ge­pflich­ten ge­gen­über der Ver­si­che­rung ver­ges­sen oder nicht be­ach­tet wur­den.

Somit schützt auch eine D&O Ver­si­che­rung den Ge­schäfts­füh­rer nicht voll­stän­dig gegen eine In­an­spruch­nah­me und vor einer Haf­tung mit sei­nem ge­sam­ten Pri­vat­ver­mö­gen.

Fazit

Ihnen als Ge­schäfts­füh­rer ob­lie­gen di­ver­se Pflich­ten. Die Ver­let­zung jeder ein­zel­nen Pflicht kann eine voll­um­fäng­li­che, un­be­schränk­te per­sön­li­che Haf­tung nach sich zie­hen. Durch die Viel­zahl die­ser Pflich­ten steigt ihr Haf­tungs­ri­si­ko wei­ter.

Sie gehen als Ge­schäfts­füh­rer also täg­lich das Ri­si­ko ein, mit Ihrem ge­sam­ten Pri­vat­ver­mö­gen zu haf­ten, soll­ten Sie eine Ge­schäfts­füh­rer­pflicht ver­let­zen. Wobei jede leich­te Fahr­läs­sig­keit ge­nügt. Eine Haf­tung kann Sie selbst dann tref­fen, wenn Sie zwar nicht for­mell be­stell­ter Ge­schäfts­füh­rer sind, aber als so­ge­nann­ter fak­ti­scher Ge­schäfts­füh­rer le­dig­lich Auf­ga­ben eines Ge­schäfts­füh­rers über­neh­men und als sol­cher auf­tre­ten.

Eine In­an­spruch­nah­me ist dabei so­wohl durch die Ge­sell­schaft als auch durch die Ge­sell­schaf­ter oder au­ßen­ste­hen­de Drit­te denk­bar. Ob­gleich es mög­lich ist, dass die Ge­sell­schaf­ter auf eine Gel­tend­ma­chung ver­zich­ten, be­ste­hen von die­sem Grund­satz wich­ti­ge Aus­nah­men. Vor allem in der In­sol­venz ist die Wahr­schein­lich­keit
hoch, dass Sie in An­spruch ge­nom­men wer­den.

Um in einem Haf­tungs­pro­zess den Be­weis füh­ren zu kön­nen, dass Sie sich pflicht­ge­mäß ver­hal­ten und un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dun­gen vor­be­rei­tet haben, ist es er­for­der­lich, dass Sie ihr Han­deln aus­führ­lich do­ku­men­tiert haben. Dies ist ins­be­son­de­re sinn­voll, soll­ten Sie erst nach Ihrem Aus­schei­den aus der Ge­sell­schaft
in An­spruch ge­nom­men wer­den, da Sie dann nunur ein­ge­schränk­ten Zu­griff auf die Un­ter­la­gen der Ge­sell­schaft haben wer­den.

An­sprech­part­ner bei GWGL:

Dr. Con­rad Grau (grau@​gwgl-​hamburg.​de)

Über den Autor

Dr. Con­rad Grau Rechts­an­walt für Ge­sell­schafts­recht

Rechts­an­walt

Tel.: 040 / 300 39 86 - 0

Fax: 040 / 300 39 86 – 66

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