Nießbrauch an verschenkten Kommanditanteilen – Vermeidung der Mitunternehmerschaft
In der steuerlichen Gestaltungspraxis war die unentgeltliche Übertragung von Kommanditanteilen unter Nießbrauchvorbehalt – gerade im Rahmen von gewerblichen Familienunternehmen – ein gängiges Instrument der Vermögensnachfolge. Der Schenker sichert sich hierüber die weitere partielle Nutzung des Gesellschaftsanteils, etwa durch den Bezug laufender Gewinne, während er seinen Anteil mit einem Wertabschlag vergünstigt an seine Nachkommen übertragen kann. Fraglich ist in solchen Fällen jedoch regelmäßig, ob der Nießbrauchberechtigte oder der Gesellschafter als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 S.1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Diese Frage ist insbesondere für die Zurechnung von Verlusten oder Veräußerungsgewinnen von zentraler steuerlicher Bedeutung.
Mitunternehmer ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist und eine gewisse unternehmerische Initiative entfalten kann sowie unternehmerisches Risiko trägt. Das Mitunternehmerrisiko ist eines von zwei Kriterien für die Qualifikation als Mitunternehmer, neben der sog. Mitunternehmerinitiative. Es beschreibt die wirtschaftliche Beteiligung des Gesellschafters am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens. Darunter fällt insbesondere die Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens einschließlich eines etwaigen Geschäfts- oder Firmenwertes. Die Mitunternehmerinitiative auf der anderen Seite beinhaltet die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, also die Möglichkeit zur Ausübung von Rechten, die über jene eines bloßen Kapitalgebers hinausgehen.
Die Frage nach der Qualifikation als Mitunternehmer oder dem Vorliegen des Mitunternehmerrisikos sowie der -initiative kann schon aufgrund geringfügiger sprachlicher Abweichungen in den Regelungen des jeweiligen Schenkungs- und Übertragungsvertrages anders zu beurteilen sein. So hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20.3.2025 entschieden, dass ein Kommanditist trotz Bestellung des Nießbrauches an seinem Kommanditanteil als Mitunternehmer anzusehen ist, wenn er nach den vertraglichen Abreden Mitunternehmerinitiative ausübt und wirtschaftlich einen Substanzverlust zu tragen hat.
Im Fall des besagten Urteils hatten die Schenker (Nießbraucher) zwar eine Regelung in den Vertrag aufgenommen, wonach die Nießbrauchbesteller (Gesellschafter) Gewinne und Verluste tragen sollten, was wiederum sicherstellen sollte, dass letztgenannte das Mitunternehmerrisiko tragen. Man versuchte dies über eine Entnahmesperre für die Nießbraucher zu realisieren, welche greifen sollte, falls der Kommanditanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist. Gleichzeitig sah die Vereinbarung eine widerrufliche Bevollmächtigung der Nießbraucher zur Ausübung der Stimm- und Verwaltungsrechte der Gesellschafter vor.
Nach Auffassung der Richter verblieben im Streitfall Mitunternehmerrisiko und auch -initiative weiterhin bei den Gesellschaftern. Die Entnahmesperre der Nießbraucher begründete keine Pflicht zur unmittelbaren Verlusttragung. Andernfalls hätten die Nießbraucher die Verluste auch tatsächlich wieder ausgleichen müssen, was aber nicht vorgesehen war. Die gewählte Gestaltung genügte entgegen ihrem Wortlaut nicht zur Begründung ausreichenden Mitunternehmerrisikos und stellte lediglich eine mittelbare Verlusttragung dar.
Auch die Mitunternehmerinitiative sah der BFH weiterhin bei den Gesellschaftern und begründete dies mit der Widerruflichkeit der Vollmacht und dem Umstand, dass die Erteilung einer Vollmacht die Gesellschafter nicht daran hindere ihre Stimmrechte auch weiterhin selbst auszuüben.
In der Konsequenz war ein Veräußerungsverlust, den die Gesellschaft zu erleiden hatte, den Gesellschaftern infolge ihrer Mitunternehmerqualität zuzuordnen.
Für die Vertragsgestaltung in der steuerlichen Nachfolgeplanung ergibt sich daraus, dass die bloße Zuweisung von Gewinnen oder formalen Stimmrechten an den Nießbraucher für eine steuerlich wirksame Mitunternehmerschaft nicht genügt. Es bedarf vielmehr einer sorgfältigen Analyse, wer das wirtschaftliche Risiko tatsächlich trägt und wer über die wesentlichen Rechte zur Einflussnahme auf die Gesellschaft verfügt. Ein Übergang des Mitunternehmerrisikos ist insoweit nur anzunehmen, wenn dem Nießbraucher auch tatsächlich substanzielle Verlustrisiken übertragen werden, die mit echter wirtschaftlicher Tragweite verbunden sind. Entsprechendes gilt für die Mitunternehmerinitiative.
Vorstehende Ausführungen verdeutlichen die Wichtigkeit größtmöglicher Sorgfalt und Präzision bei der Gestaltung derartiger Nachfolgemodelle. Unsere Steuerberater und Fachanwälte für das Steuerrecht beraten Sie gern zu einer solchen Konstellation.