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Vor­schnel­le Er­baus­schla­gung: Eine Aus­schla­gung auf Basis von blo­ßen Mut­ma­ßun­gen und vagen Spe­ku­la­tio­nen über die Zu­sam­men­set­zung des Nach­las­ses ver­baut die Mög­lich­keit einer An­fech­tung.

Vor­schnel­le Er­baus­schla­gung: Aus­schla­gung bei Mut­ma­ßung ver­baut Mög­lich­keit zur An­fech­tung

Grafik Blogteaser zu Fachbeitrag für Erbrecht, Steuerrecht oder Gesellschaftsrecht

Vor­schnel­le Er­baus­schla­gung: Eine Aus­schla­gung auf Basis von blo­ßen Mut­ma­ßun­gen und vagen Spe­ku­la­tio­nen über die Zu­sam­men­set­zung des Nach­las­ses ver­baut die Mög­lich­keit einer An­fech­tung.

Das OLG Düs­sel­dorf ent­schied mit Be­schluss vom 19. De­zem­ber 2018 (Az.: I-3 Wx 140/18), dass eine An­fech­tung der Er­baus­schla­gung nicht mög­lich ist, wenn die Erb­schaft nur auf­grund ver­mu­te­ter Über­schul­dung des Nach­las­ses aus­ge­schla­gen wurde.

Die­ser Ent­schei­dung lag fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grun­de:

Die Erb­las­se­rin, deren Woh­nung am To­des­tag ex­trem ver­un­rei­nigt und her­un­ter­ge­kom­men war, hin­ter­ließ als ge­setz­li­che Al­lein­er­bin ihre Schwes­ter. Diese er­klär­te im Fe­bru­ar 2017 zu Pro­to­koll der Ge­schäfts­stel­le des Amts­ge­richts, dass sie die Erb­schaft aus jedem Be­ru­fungs­grund aus­schla­ge, wobei sie angab, dass ihr der Nach­lass un­be­kannt sei. Die Schwes­ter ging davon aus, dass der Nach­lass über­schul­det war. Sie habe keine Mög­lich­keit ge­habt zu prü­fen, wel­che Ver­mö­gens­wer­te ihre ver­stor­be­ne Schwes­ter über­haupt noch be­ses­sen habe.

Im März 2017 wurde eine be­rufs­mä­ßi­ge Nach­lass­pfle­ge­rin mit den Auf­ga­ben der Si­che­rung und Ver­wal­tung des Nach­las­ses be­stellt, da die Erb­fol­ge noch nicht ge­klärt war. Das von der Nach­lass­pfle­ge­rin Ende März 2017 auf­ge­stell­te Nach­lass­ver­zeich­nis wies letzt­lich ein Gut­ha­ben von ca. EUR 6.600,- auf. Eine Über­schul­dung des Nach­las­ses lag somit nicht vor.

Im Juni 2017 hat die Schwes­ter ihre Er­baus­schla­gung an­ge­foch­ten und be­an­trag­te die Er­tei­lung eines Al­leinerb­scheins auf­grund ge­setz­li­cher Erb­fol­ge. Die Aus­schla­gung be­ru­he auf einem Irr­tum über eine ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft des Nach­las­ses, wel­cher sich aus dem Zu­stand der Woh­nung der Erb­las­se­rin er­ge­ben habe. Die Woh­nung sei stark ver­dreckt und zu­ge­müllt ge­we­sen. Sie sei daher von Ent­rüm­pe­lungs- und Re­no­vie­rungs­kos­ten aus­ge­gan­gen, die in der Höhe den ver­mu­te­ten Nach­lass über­stei­gen dürf­ten.

Das Nach­lass­ge­richt wies den be­gehr­ten Erb­scheins­an­trag zu­rück. Die Schwes­ter habe ihre Aus­schla­gungs­er­klä­rung nicht wirk­sam an­ge­foch­ten, da es an einem An­fech­tungs­grund fehle. Die da­ge­gen er­ho­be­ne Be­schwer­de blieb eben­falls er­folg­los.

Das OLG Düs­sel­dorf ent­schied eben­so wie das Nach­lass­ge­richt, dass ein An­fech­tungs­grund nicht ge­ge­ben sei. Stüt­ze sich die An­fech­tung auf einen Irr­tum über eine ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft einer Sache (§ 119 Abs. 2 BGB), so sei die Erb­schaft als „Sache“ i.S.d. Norm an­zu­se­hen. Die Über­schul­dung der Erb­schaft kann eine ver­kehrs­we­sent­li­che Ei­gen­schaft dar­stel­len, die zur An­fech­tung be­rech­ti­ge, wenn der Irr­tum be­züg­lich der Über­schul­dung auf fal­schen Vor­stel­lun­gen hin­sicht­lich der Zu­sam­men­set­zung des Nach­las­ses, also über den Be­stand an Ak­ti­va und Pas­si­va, her­rührt. Hin­ge­gen be­rech­tigt nicht zur An­fech­tung ein blo­ßer Mo­ti­virr­tum.

Das Vor­lie­gen eines un­be­acht­li­chen Mo­ti­virr­tums wurde durch den Senat je­doch in die­sem Fall be­jaht. Dies habe zur Folge, dass die Schwes­ter man­gels Vor­lie­gen eines An­fech­tungs­grun­des nicht an­fech­tungs­be­rech­tigt sei. Nicht zur An­fech­tung be­rech­tigt sei dem­nach, „wer ohne nä­he­re Kennt­nis der Zu­sam­men­set­zung des Nach­las­ses einer Fehl­vor­stel­lung über des­sen Größe un­ter­lag. Der­je­ni­ge, „der nicht auf­grund einer Be­wer­tung ihm be­kann­ter oder zu­gäng­li­cher Fak­ten zu dem Er­geb­nis ge­langt war, die Erb­schaft wolle er an­neh­men oder aus­schla­gen, son­dern seine Ent­schei­dung auf spe­ku­la­ti­ver – be­wusst un­ge­si­cher­ter – Grund­la­ge ge­trof­fen hatte,“ könne sich nicht auf einen An­fech­tungs­grund be­ru­fen. Wer be­stimm­te Um­stän­de be­züg­lich des Nach­las­ses nur als mög­lich er­ach­te und sich hier­von lei­ten lasse, ver­las­se sich auf reine Hoff­nun­gen oder Be­fürch­tun­gen, die sein Hand­lungs­mo­tiv bil­den. Da die Schwes­ter angab, die Woh­nungs­auf­lö­sungs­kos­ten über­schätzt zu haben und da­durch von einer Über­schul­dung des Nach­las­ses aus­ge­gan­gen war, ob­wohl sie keine kon­kre­ten Kennt­nis­se über die Höhe des Nach­las­ses hatte, sei der Rück­schluss auf die Über­schul­dung des Nach­las­ses rein spe­ku­la­tiv ge­we­sen.

Der Erb­scheins­an­trag der Schwes­ter der Erb­las­se­rin hatte dem­nach kei­nen Er­folg.

Die­ser Fall zeigt ein­mal mehr, wie wich­tig es ist, sich bei der Frage der An­nah­me oder Aus­schla­gung einer Erb­schaft ju­ris­tisch kom­pe­tent be­ra­ten zu las­sen. Oft wer­den die Hand­lungs­al­ter­na­ti­ven ver­kannt.

Sind Sie ge­setz­li­cher Erbe oder als Erbe tes­ta­men­ta­risch ein­ge­setzt und sind un­si­cher, ob Sie die Erb­schaft an­neh­men sol­len? Spre­chen Sie uns an, wir prü­fen die Sach- und Rechts­la­ge und er­ar­bei­ten mit Ihnen die für Sie sinn­volls­te Vor­ge­hens­wei­se. Be­ach­ten Sie hier­bei bitte, dass die Zeit drängt: Gem. § 1944 Abs. 1 BGB kann eine Aus­schla­gung nur bin­nen sechs Wo­chen ab Kennt­nis des Erb­falls und dem Grun­de der Er­bein­set­zung er­fol­gen. Sind Sie durch Ver­fü­gung von Todes wegen als Erbe be­ru­fen, be­ginnt die Frist nicht vor Be­kannt­ga­be der Ver­fü­gung von Todes wegen durch das Nach­lass­ge­richt, § 1944 Ab­satz 2 BGB. Nur bei Erb­fäl­len mit Aus­lands­be­zug, näm­lich dann wenn der Erb­las­ser sei­nen letz­ten Wohn­sitz nur im Aus­land hatte oder aber der Erbe sich bei Be­ginn der Frist im Aus­land auf­ge­hal­ten hat, be­trägt die Frist sechs Mo­na­te, § 1944 Ab­satz 3 BGB. In­so­fern ist ein zü­gi­ges Han­deln an­ge­bracht.

Über die Au­to­rin

Kris­tin Wink­ler Fach­an­wäl­tin für Erbrecht und Steu­er­recht, LL.M.

Rechts­an­wäl­tin

  • Fachanwältin für Erbrecht
  • Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: 040 / 300 39 86 - 0

Fax: 040 / 300 39 86 – 66

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