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Ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment spricht nicht au­to­ma­tisch für die An­nah­me einer ge­gen­sei­ti­gen Er­bein­set­zung – dies muss klar zum Aus­druck ge­bracht wer­den

Ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment spricht nicht au­to­ma­tisch für die An­nah­me einer ge­gen­sei­ti­gen Er­bein­set­zung – dies muss klar zum Aus­druck ge­bracht wer­den

Grafik Blogteaser zu Fachbeitrag für Erbrecht, Steuerrecht oder Gesellschaftsrecht

Ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment spricht nicht au­to­ma­tisch für die An­nah­me einer ge­gen­sei­ti­gen Er­bein­set­zung – dies muss klar zum Aus­druck ge­bracht wer­den

Das OLG Bran­den­burg hat in sei­nem Be­schluss vom 9. Au­gust 2022 (Az.: 3 W 67/22) ent­schie­den, dass al­lein der im ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ment ge­äu­ßer­te Wunsch eines Ehe­paars, dass die im Tes­ta­ment ge­nann­ten Per­so­nen nach dem Tod des län­ger­le­ben­den Ehe­gat­ten ein Wohn­haus er­hal­ten soll­ten, nicht aus­reicht, um das Tes­ta­ment da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass die Ehe­leu­te sich ge­gen­sei­tig als Al­lein­er­ben des ge­sam­ten Nach­las­ses für den ers­ten Erb­fall ein­set­zen woll­ten.

Dem Teil­ur­teil liegt fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grun­de:

Ein Ehe­paar er­rich­te­te am 4. März 2019 ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment mit der Über­schrift „Tes­ta­ment, den 04.03.2019, Betr. Wohn­haus + Grund­stück“. In dem Tes­ta­ment hieß es unter an­de­rem „hier­mit ver­fü­gen wir, dass unser Wohn­haus + Grund­stück obi­ger An­schrift nach dem Tod des län­ger­le­ben­den Ei­gen­tü­mers über­ge­hen soll als Erbe 1.) an un­se­re Toch­ter, 2.) sowie an un­se­re Enkel.“

Neben der Im­mo­bi­lie, die mit einem Wert von 500.000 € ge­schätzt wurde, hat­ten die Ehe­leu­te ein Bar­ver­mö­gen in Höhe von 250.000 €.

Nach­dem der Erb­las­ser vor­ver­starb, be­an­trag­te der An­trag­stel­ler, eines der drei Kin­der des Ehe­paa­res, einen Erb­schein, der die Ehe­frau des Erb­las­sers zu ½ und die drei ge­mein­sa­men Kin­der zu je 1/6 aus­weist.

Dies lehn­te das Nach­lass­ge­richt ab. Es ging davon aus, dass sich die Ehe­gat­ten nach dem ers­ten Erb­fall ge­gen­sei­tig zu Al­lein­er­ben ein­set­zen woll­ten.

Der An­trag­stel­ler und Sohn der Ehe­leu­te wen­de­te sich mit der Be­schwer­de da­ge­gen und trägt vor, dem Tes­ta­ment sei keine Al­lein­er­bein­set­zung der Ehe­leu­te zu ent­neh­men. Da­durch, dass neben der Im­mo­bi­lie ein er­heb­li­ches wei­te­res Ver­mö­gen vor­han­den ge­we­sen sei, sei nicht über den we­sent­li­chen Teil des Ver­mö­gens ver­fügt wor­den, so­dass nicht von einer Er­bein­set­zung aus­zu­ge­hen sei. Es sei ge­setz­li­che Erb­fol­ge nach dem Tod des ers­ten El­tern­teils ein­ge­tre­ten.

Das OLG hält die Be­schwer­de des An­trag­stel­lers für be­grün­det.

Dem Tes­ta­ment lasse sich keine ge­gen­sei­ti­ge Al­lein­er­ben­ein­set­zung für den ers­ten Erb­fall ent­neh­men, so­dass die ge­setz­li­che Erb­fol­ge ein­ge­tre­ten sei.

Dem Tes­ta­ment sei der Wunsch der Ehe­leu­te zu ent­neh­men, dass die im Tes­ta­ment ge­nann­ten Per­so­nen nach dem Tod des län­ger le­ben­den Ehe­gat­ten das Wohn­haus er­hal­ten soll­ten. Dies recht­fer­ti­ge aber nicht die An­nah­me, dass die Ehe­leu­te sich ge­gen­sei­tig als Al­lein­er­ben des ge­sam­ten Nach­las­ses ein­set­zen woll­te.

Für die Tes­ta­ments­aus­le­gung kommt es gemäß § 133 BGB auf den wirk­li­chen Wil­len des Erb­las­sers an. Eine Er­bein­set­zung, die in einem Tes­ta­ment nicht ent­hal­ten ist, ge­nügt den Form­vor­schrif­ten nicht und ist daher gemäß § 125 Abs. 1 BGB nich­tig. Ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment kann für sich nicht die An­nah­me einer ge­gen­sei­ti­gen Er­bein­set­zung recht­fer­ti­gen.

Nach § 2087 Abs. 2 BGB fehlt es schon an einer Er­bein­set­zung der Toch­ter für den zwei­ten Erb­fall. Wenn das Tes­ta­ment nur Ver­mächt­nis­se und keine Er­bein­set­zung ent­hal­te, so könne aus ihm nicht auf eine ge­gen­sei­ti­ge Er­bein­set­zung für den ers­ten To­des­fall ge­schlos­sen wer­den.

Es ist durch Aus­le­gung gemäß § 2084 BGB zu er­mit­teln, ob eine Er­bein­set­zung er­folgt ist. Es ist im Zwei­fel nicht von einer Er­bein­set­zung aus­zu­ge­hen, wenn dem Be­dach­ten nur ein­zel­ne Ge­gen­stän­de zu­ge­wen­det wur­den. Diese Aus­le­gungs­re­gel kommt nicht in Be­tracht, wenn durch vor­ran­gi­ge Aus­le­gung diese Zwei­fel über­wun­den wur­den.

Die Zu­wen­dung der Im­mo­bi­lie stellt keine Er­bein­set­zung gemäß § 2087 Abs. 2 BGB dar. Gemäß § 2087 Abs. 2 BGB ist im Zwei­fel nicht an­zu­neh­men, dass der Be­dach­te Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe be­zeich­net ist, wenn ihm nur ein­zel­ne Ge­gen­stän­de zu­ge­wen­det sind.

Trotz Zu­wen­dung nur von ein­zel­nen Ge­gen­stän­den spricht für die An­nah­me einer Er­bein­set­zung, wenn der Erb­las­ser sein Ver­mö­gen voll­stän­dig den ein­zel­nen Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den nach ver­teilt hat, wenn er dem Be­dach­ten die Ge­gen­stän­de zu­ge­wen­det hat, die nach sei­ner Vor­stel­lung das Haupt­ver­mö­gen bil­den, oder nur Ver­mächt­nis­neh­mer vor­han­den wären und nicht an­zu­neh­men ist, dass der Erb­las­ser über­haupt keine Erben be­ru­fen und seine Ver­wand­ten oder seine Ehe­gat­ten als ge­setz­li­che Erben aus­schlie­ßen woll­te.

Dies kann gel­ten, wenn der Nach­lass durch die Zu­wen­dung des wert­mä­ßi­gen Haupt­nach­lass­ge­gen­stands, im We­sent­li­chen er­schöpft ist oder der ob­jek­ti­ve Wert das üb­ri­ge Ver­mö­gen an Wert so er­heb­lich über­trifft, dass der Erb­las­ser ihn als sei­nen we­sent­li­chen Wert an­ge­se­hen hat.

Durch die Wort­wahl der Über­schrift „Wohn­haus + Grund­stück“ sei es den Ehe­leu­ten klar ge­we­sen, dass sie nur über einen Teil ihres Ver­mö­gens ver­füg­ten. Dass sie über er­heb­li­ches wei­te­res Ver­mö­gen ver­füg­ten, war ihnen be­wusst. Die Wahl des Wor­tes „Erbe“ kann nur als Indiz ge­wer­tet wer­den, ist aber nicht maß­ge­bend. Nicht die Wort­wahl, son­dern der sach­li­che In­halt sei ent­schei­dend.

Auch die Wert­ver­hält­nis­se er­ga­ben hier kein an­de­res Er­geb­nis. Das Bar­ver­mö­gen sei im Ver­hält­nis zum Wert der Im­mo­bi­lie ein er­heb­li­cher und nicht zu ver­nach­läs­si­gen­der Ver­mö­gens­wert. Die Im­mo­bi­lie stel­le dem­nach kei­nes­falls den we­sent­li­chen Nach­lass dar und es sei nicht er­sicht­lich, dass die Ehe­gat­ten davon aus­ge­gan­gen seien, dass ihr Ver­mö­gen durch die Zu­wen­dung der Im­mo­bi­lie er­schöp­fend auf­ge­teilt wor­den sei.

Eine Ein­set­zung der Ehe­leu­te als Al­lein­er­ben muss daher aus­schei­den. Es gilt die ge­setz­li­che Erb­fol­ge.

Um lang­jäh­ri­ge Strei­tig­kei­ten zu ver­hin­dern, ist es rat­sam, sich bei der Tes­ta­ments­er­stel­lung be­ra­ten zu las­sen. Wir be­ra­ten Sie gern zu sämt­li­chen erbrecht­lich re­le­van­ten Fra­gen und Pro­ble­men. Ver­ein­ba­ren Sie einen Ter­min. Wir sind per E-Mail unter will­kom­men@​gwgl-​hamburg.​de oder te­le­fo­nisch unter 040/300 39 86-0 für Sie da und freu­en uns von Ihnen zu hören oder zu lesen.

 

Über die Au­to­rin

Kris­tin Wink­ler Fach­an­wäl­tin für Erbrecht und Steu­er­recht, LL.M.

Rechts­an­wäl­tin

  • Fachanwältin für Erbrecht
  • Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: 040 / 300 39 86 - 0

Fax: 040 / 300 39 86 – 66

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